Ratgeber: Thermofenster: EuGH stellt sich hinter die Verbraucher

Thermofenster: EuGH stellt sich hinter die Verbraucher

Thorsten Köhn
Rechtsanwalt

Das lange Warten hat ein Ende: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat im Abgasskandal eine bedeutende Entscheidung gefällt. Die Richter:innen sprechen demnach Käufer:innen von Fahrzeugen mit Abschalteinrichtungen einen vereinfachten Anspruch auf Schadensersatz zu – vorausgesetzt dem bzw. der Käufer:in ist durch selbige nachweislich ein Schaden entstanden. Kommt nun die lang ersehnte Trendwende in der deutschen Rechtssprechung durch den Bundesgerichtshof (BGH)?

1. EuGH und BGH uneins im Abgasskandal

EuGH und BGH erzielten im Abgasskandal bislang keine Einigkeit. Während sich die Richter:innen am EuGH den Verbraucher:innen zugewandt zeigten, enttäuschte der BGH geprellte Fahrzeughalter:innen mit seiner Rechtssprechung. Insgesamt glänzten die deutschen Gerichte nicht mit Verbraucherfreundlichkeit – schon gar nicht, wenn es um die Klärung von Haftungsvoraussetzungen ging.

Das jüngste Urteil des EuGH, getroffen am 21. März 2023, lässt zumindest hoffen, dass sich das bald ändert. Der Stein des Anstoßes gab unter anderem das Landgericht (LG) Ravensburg. Das rief Mitte 2022 den Gerichtshof mit dem Ersuchen an, zu klären, ob die Verwendung von Abschalteinrichtungen – konkret ging es um Thermofenster – Schadensersatzansprüche rechtfertigt.

Das Ersuchen landete vorerst beim Generalanwalt Athanasios Rantos, der sich deutlich positionierte.

Hinweis: Generalanwälte

Aktuell unterstützen elf Generalanwälte die Richter:innen am EuGH in ihrer Entscheidungsfindung. In ihren Schlussanträgen sprechen diese eine Empfehlung aus. Auch wenn die Vorlagen für die Richter:innen nicht bindend sind – in der Regel folgen sie denen.

Nach Auffassung des Generalanwalts reicht bereits ein einfacher fahrlässiger Verstoß gegen die Verordnung Nr. 715/2007 (Verordnung über Typengenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich Emissionen) aus, um einen Schadensersatz gegen die Hersteller zu begründen. Eine vorsätzlich sittenwidrige Schädigung muss nicht länger gegeben sein. Jetzt ist klar: Die Richter:innen am EuGH teilen diese Einschätzung.

2. EuGH-Urteil: Bedeutung für hiesige Rechtssprechung

Der Spannungsbogen könnte für die Autobauer nicht größer sein. Denn: Auch der BGH muss sich nun neu positionieren. Das EuGH-Urteil zwingt die hiesigen Richter:innen zum Umdenken. Ob diese aber von ihrer verbraucherunfreundlichen Rechtssprechung abweichen, bleibt abzuwarten. Spätestens am 8. Mai dürfte diesbezüglich aber Klarheit herrschen. Nach aktuellem Stand will der BGH an dem Tag seine Entscheidung verkünden.

Für Euphorie ist es deshalb noch zu früh. Sicherlich wurde mit dem EuGH-Urteil aus Verbrauchersicht ein Teilerfolg erzielt, es muss aber nach wie vor damit gerechnet werden, dass der BGH zu keiner eindeutigen Entscheidung kommt. Gesetzt den Fall hieße das für geschädigte Fahrzeughalter:innen: Abwarten und Rechtssprechung verfolgen. Letzteres übernehmen wir für Sie. Ist für Sie der richtige Zeitpunkt gekommen, um Klage einzureichen, kommen wir auf Sie zu.