Beispielrechnung Abgasskandal: Vergleich oder Klage wählen?
VW bewegt sich endlich im Dieselskandal. Ab März bietet der Autokonzern eine Vergleichslösung an. Diese Lösung gilt zunächst nur für diejenigen, die sich der Musterfeststellungsklage angeschlossen haben. Die Ergebnisse werden aber wohl auch darüber hinaus Signalwirkung entfalten.
Klage oder einfache Vergleichslösung?
Wir haben einmal durchgerechnet, ob und wie sehr sich eine Klage im Dieselskandal lohnt – und wie im Vergleich dazu die Vergleichslösung abschneidet. Diese Berechnung ist natürlich ein Blick in die Glaskugel – individuelle Umstände und zukünftige Entwicklungen haben nicht zu unterschätzende Auswirkungen auf das Ergebnis.
Wir gehen in unserem Beispiel davon aus, dass ein Verbraucher einen Skandaldiesel für 30.000 EUR kauft. Er fährt mit dem Wagen 100.000 km. Dann wird der Dieselskandal bekannt.
Kunde erklärt Vertragswiderruf
Der Verbraucher lässt sich zu seinen Rechten im Abgasskandal beraten und sein Rechtsanwalt stellt fest, dass sein Finanzierungsvertrag eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung enthält. Der Rechtsanwalt rät dem Verbraucher, die Rückabwicklung des Finanzierungsvertrags und damit auch des Kaufvertrags zu erklären.
Vorerst nutzt der Kunde seinen Wagen weiter. Er fährt weitere 50.000 km. Sein Wagen ist noch 10.000 EUR wert. VW bietet ihm einen Vergleich an, weil der Hersteller davon ausgeht, dass der Mann seinen Prozess gewinnen wird. Als Vergleichssumme werden 2.000 EUR angeboten. Der Kunde kann das Angebot annehmen oder den weiter den Klageweg weiter gehen.
Klage gewonnen – Was heißt das genau?
Gewinnt der Kunde hingegen die Klage, sind folgende Möglichkeiten vorstellbar:
- Er muss keinen Nutzungsersatz leisten, darf sein Fahrzeug zurückgeben und bekommt den Kaufpreis von 30.000 EUR zurück.
- Das Gericht erkennt den Nutzungsersatz an, aber nur bis zur Aufforderung zur Rückabwicklung. Der Kunde gibt das Fahrzeug ab und bekommt zunächst die 30.000 EUR für den Kaufpreis. Dann geht der Nutzungsersatz ab. Je nach Gericht und Fahrzeug muss der Kunde für 100.000 gefahrene Kilometer zwischen 12.000 EUR und 10.000 EUR Nutzungsersatz leisten. Ihm bleiben dann also zwischen 8.000 EUR und 10.000 EUR.
Hinweis: Formel zur Berechnung von Nutzungsersatz
Wichtig für die Berechnung des Nutzungsersatzes ist die Lebensdauer eines Fahrzeugs. Die Lebensdauer wird je nach Fahrzeug und Gericht wird die Lebensdauer bei 250.000 km oder 300.000 km angesetzt. Die Formel für die Berechnung von Nutzungsersatz ist:
Kaufpreis x gefahrene Kilometer / Lebensdauer
In diesem Fall wäre die Rechnung also:
30.000 EUR Kaufpreis x 100.000 gefahrene km / 250.000 km (oder 300.000 km) Lebensdauer = 12.000 EUR (oder 10.000 EUR)
- Das Gericht erkennt einen Nutzungsersatz an, auch über die Rückabwicklung hinaus. Auch in diesem Fall gibt der Kunde sein Auto zurück und bekommt die 30.000 EUR.
Hier muss er Nutzungsersatz für 150.000 Kilometer leisten, das sind zwischen 18.000 EUR und 15.000 EUR. Ihm bleiben dann noch 2.000 EUR bis 5.000 EUR.
Beispielrechnung zeigt: Klagen lohnen sich
Die Rechnung zeigt: VW bietet tatsächlich den Kunden einen Vergleich an. Dieser Vergleich entspricht aber dem allerschlechtesten Ergebnis, das Verbraucher bei einer Klage erreichen können. In einem Prozess ist es sehr wahrscheinlich, dass VW zur Zahlung einer deutlich höheren Summe verurteilt wird bzw. dass VW im Verlauf des Prozesses zur Zahlung einer deutlich Vergleichssumme bereit ist.
Quellen: