BGH im Abgasskandal: Bis zu 15 % Schadensersatz
Vom Abgasskandal geschädigte Verbraucher:innen hatten es bislang mitunter schwer, Schadensersatzansprüche gegen die jeweiligen Autobauer geltend zu machen. Das ändert sich nun: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt entschieden, dass bereits Fahrlässigkeit aufseiten der Fahrzeughersteller Ansprüche begründet – eine enorme Erleichterung.
BGH ebnet Weg zu Schadensersatz
Seit heute ist klar: Halter:innen von Fahrzeugen, in denen eine illegale Abschalteinrichtung verbaut ist, kommen künftig einfacher an eine Entschädigung – ein fahrlässiges Handeln der Autobauer genügt. Damit hat der BGH seine bisherige Rechtsprechung gekippt und stärkt fortan geprellten Fahrzeughalter:innen den Rücken. Bis zu 15 % des ursprünglichen Kaufpreises sind möglich, höhere Ansprüche bei vorsätzlich sittenwidriger Schädigung sind dabei nicht auszuschließen.
Wichtig: Fahrlässigkeit bedeutendste Änderung
Dass nunmehr Fahrlässigkeit aufseiten der Autobauer ausreicht, um Schadensersatzansprüche geltend zu machen, ist die wohl bedeutendste Änderung. Immerhin hat das zur Folge, dass Geschädigte nicht länger nachweisen müssen, dass der jeweilige Hersteller mit dem Einbau vorsätzlich sittenwidrig gehandelt hat – eine enorme Erleichterung und Beschleunigung für den gesamten Prozess.
Für zahlreiche Geschädigte eröffnen sich damit neue Wege, gegen die Betrügereien der Autobauer vorzugehen. Und das betrifft nicht nur die üblichen Verdächtigen: Auch für Randakteure und bislang Unbeachtete wie BMW, Peugeot, Renault & Co. dürfte das Urteil nicht folgenlos bleiben – Thermofenster sind in nahezu allen Dieselfahrzeugen mit der Abgasnorm Euro 5 und Euro 6 verbaut.
Klage abgewiesen: So urteilten Gerichte bislang
Dass das Thermofenster vorsätzlich und bewusst von den Autobauern verbaut wurde, um so den tatsächlichen Schadstoffausstoß ihrer Fahrzeuge zu beschönigen – das hielten die hiesigen Gerichte Jahre lang für abwegig. Dementsprechend ließen die Richter:innen zahlreiche Schadensersatzklagen abprallen. Eine vorsätzlich sittenwidrige Schädigung sei nicht gegeben bzw. müsste vom Kläger oder der Klägerin nachgewiesen werden.
EuGH-Urteil zwingt BGH zum Umdenken
Ende März aber äußerte sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) zu dieser Thematik – und sieht sehr wohl Entschädigungsansprüche auf Verbraucherseite (wir berichteten).
Hinweis: Uneinigkeit bei Thermofenster
EuGH und BGH bewerteten den Einsatz von Thermofenstern über Jahre unterschiedlich. Der BGH stärkte dabei vornehmlich der Automobilindustrie den Rücken. Damit ist nun Schluss.
Zwar nimmt das EuGH-Urteil keinen direkten Einfluss auf die Urteile, die von deutschen Gerichten gefällt werden. Gleichwohl zwang es den BGH dazu, die Rechtsprechung unter Berücksichtigung des Unionsrechts zu überdenken und neue Maßgaben festzulegen. Dem wurde nun Folge geleistet.
Nutzungsentschädigung einziger Wermutstropfen
Fahrzeughalter:innen, die viel auf Tour sind, könnten trotz erfreulicher Wendung in der Rechtsprechung allerdings das Nachsehen haben. Denn: Entgegen der positiven Entwicklung scheint klar, dass Ansprüche bei viel genutzten Fahrzeugen mit einer Laufleistung von mehr als 300.000 km ins Leere laufen dürften.
Dennoch: Sind Sie bzw. Ihr Fahrzeug vom Abgasskandal betroffen, verzichten Sie nicht auf anwaltlichen Rat. Unter Umständen übersteigen Ihre Ansprüche das Limit von 15 % des Kaufpreises, sofern Ihrem Autobauer zusätzlich sittenwidrige Schädigung vorgeworfen werden kann.
Verjährung von Ansprüchen: Sichern Sie sich ab
So wohlwollend das Urteil für geprellte Verbraucher:innen auch ausfällt – eine Gefahr bleibt: die der Stilllegung. Es ist nicht auszuschließen, dass das Kraftfahrt-Bundesamt die Betriebserlaubnis zum Schutz von Mensch und Umwelt für bestimmte Modelle entzieht. In einem solchen Fall ist Ihnen mit einer Schadensersatzzahlung sicherlich wenig geholfen. Allerdings können Sie sich dagegen absichern. Wir liefern Ihnen eine reelle Einschätzung.