EuGH-Generalanwalt fordert Schadensersatz für Mercedes-Halter:innen
Bisher war der Bundesgerichtshof (BGH) eher zurückhaltend, was die Haftung für Mercedes im Abgasskandal anging. Das könnte sich bald ändern. Denn nun befasst sich der EuGH mit den Forderungen der Verbraucher:innen. In seinen Schlussanträgen will der Generalanwalt den Autokonzern zu Schadensersatz verpflichten. Kommt jetzt die nächste Klagewelle?
BGH verneinte Schadensersatzansprüche bisher
Obwohl der Abgasbetrug bei VW zuerst aufflog, ist mittlerweile klar, dass andere Hersteller ebenfalls tricksen – darunter auch Mercedes. Dennoch wies der BGH im September vergangenen Jahres mehrere Klagen gegen Mercedes ab. Die Bundesrichter:innen konnten nämlich keinen Schädigungsvorsatz beim Stuttgarter Autobauer feststellen. Der ist aber zwingende Voraussetzung für eine Entschädigung nach § 826 BGB.
LG Ravensburg legt dem EuGH vor
Viele Zivilgerichte orientieren sich bis heute an diesem Urteil, wodurch Klagen gegen Mercedes massenhaft abgewiesen werden. Doch das Landgericht Ravensburg (LG) hatte Zweifel über die Vereinbarkeit der deutschen Regelung mit dem Unionsrecht und wandte sich daher an den EuGH.
Die Ravensburger Richter:innen wollten wissen, ob das deutsche Recht im Rahmen einer europarechtskonformen Auslegung so modifiziert werden muss, dass getäuschten Halter:innen auch bei fahrlässigem Handeln der Automobilindustrie ein Schadensersatzanspruch zusteht.
Hinweis: Thermofenster vom EuGH schon als rechtswidrig eingestuft
Der EuGH hat bereits im Dezember 2020 das sogenannte Thermofenster als unzulässige Abschalteinrichtung eingestuft. Als Thermofenster werden Mechanismen bezeichnet, die bei bestimmten Temperaturen die Abgasrückführung herunterfahren.
Richtlinie soll Ersatzansprüche von Verbraucher:innen sichern
Der für den Fall zuständige Generalanwalt, Athanasios Rantos, hat in seinen Schlussanträgen nun Stellung zu den Fragen des LG Ravensburg bezogen. Er führt an, dass die Rahmenrichtlinie 2007/46, die die Zulassung von Kraftfahrzeugen in der Europäischen Union weitestgehend vereinheitlicht, Verbraucher:innen vor dem Kauf von Autos schützen soll, die europäische (Umwelt-) Standards nicht einhalten.
Dementsprechend müssten die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass getäuschte Kunden und Kundinnen einen Entschädigungsanspruch gegen die Fahrzeughersteller geltend machen können, wenn sich der Wagen hinterher als Schummeldiesel herausstellen sollte. Deutsche Gerichte müssten dann z.B. § 826 BGB europarechtskonform auslegen und betroffenen Fahrer:innen auch bei bloßer Fahrlässigkeit Schadensersatzansprüche zusprechen.
Sollte sich der Gerichtshof den Ausführungen des Generalbundesanwalts anschließen, wird es sehr ungemütlich für Mercedes. Die Chancen dafür stehen gut, da der EuGH überwiegend die Auffassungen seiner Generalanwälte teilt. Sind Sie Halter:in eines Mercedes? Mit unserer kostenlosen Ersteinschätzung können Sie sich einen Eindruck von den Erfolgsaussichten einer Klage verschaffen.
Quelle: